iStock/Teamjackson

Abwärmerückgewinnung

Wertvolle Ressourcen aus den Industrieanlagen

In der deutschen Industrie schlummert ein enormes Potenzial: industrielle Abwärme. Diese bisher oft ungenutzte Energiequelle kann durch moderne Abwärmerückgewinnungssysteme effizient genutzt werden, um fossile Brennstoffe zu ersetzen und die CO₂-Emissionen erheblich zu reduzieren. Insbesondere Großwärmepumpen bieten dabei eine vielversprechende Technologie, um die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben.

Als größte Energieverbraucher in Deutschland gelten die chemische Industrie, gefolgt von der Metallerzeugung und -bearbeitung, und an dritter Stelle folgen Kokereien und Mineralölverarbeitung. Diese Branchen stehen für rund 60 Prozent des nationalen Gesamtenergieverbrauchs.[1] Aber gleichzeitig auch für eine gigantische Energieverschwendung. Denn die nach der Produktion verbleibende Abwärme wird typischerweise über einen Wärmetauscher gekühlt und verschwindet durch die Kühltürme in die Umwelt.

Dabei liegen im Anschluss an die Produktionsprozesse die Temperaturen in einem Bereich, der diese Wärme als günstige Ressource für die Energiegewinnung interessant macht. Ohne Frage können Deutschlands große Industrien mit deren Erschließung einen bedeutenden Beitrag zur Dekarbonisierung und Klimaneutralität leisten. Hierzu müssen die Unternehmensführungen allerdings umdenken und ihr Selbstverständnis mit Blick auf Prozesswärme und Kühlung von einem Energievernichter zum Lieferanten wandeln. Dafür ist auch Mut gefragt, denn die Investitionen sind hoch und die Laufzeiten der Projekte lang.

Belüftungsrohre
iStock/Nostal6ie

Industrielle Abwärme: Ein ungenutzter Schatz

In energieintensiven Branchen wie der Chemieindustrie, der Stahl- und Metallverarbeitung sowie in Raffinerien entstehen bei thermischen Prozessen – etwa beim Erhitzen, Trocknen oder Schmelzen – große Mengen an Abwärme. Diese überschüssige Wärme wird in der Regel über Kühltürme oder Abluftsysteme an die Umgebung abgegeben und damit ungenutzt verschwendet.

Schätzungen zufolge ließen sich allein in der EU jährlich bis zu 300 Terawattstunden (TWh) an industrieller Abwärme zurückgewinnen – das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von etwa 100 Millionen Haushalten. In Deutschland schlummern laut einer Studie der Ostschweizer Fachhochschule aus dem Jahr 2023 große unerschlossene Potenziale insbesondere im Temperaturbereich zwischen 80°C und 200°C – ein Bereich, der sich ideal für den Einsatz von Großwärmepumpen eignet.

Fernwärmeanlage

Technologien zur Abwärmerückgewinnung

Moderne Technologien ermöglichen es, industrielle Abwärme effizient zu nutzen. Großwärmepumpen können Abwärme auf ein höheres Temperaturniveau bringen und so für verschiedene Anwendungen nutzbar machen. Dabei können je nach Bedarf Dampf, heißes Wasser oder andere Medien erzeugt werden, die in den Produktionsprozess zurückgeführt oder in Fernwärmenetze eingespeist werden können.

Erklärung des Coefficient of Performance

Wirtschaftlichkeit und Effizienz

Die Nutzung von Abwärme ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich attraktiv. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Unternehmen ihre internen Prozesse analysieren, geeignete Abwärmequellen identifizieren und in entsprechende Rückgewinnungssysteme investieren.

Mit einem Coefficient of Performance (COP) von drei und mehr können Wärmepumpen aus einer Kilowattstunde Strom mehr als drei Kilowattstunden Wärme erzeugen. Dies führt zu erheblichen Energieeinsparungen und einer schnellen Amortisation der Investitionen.

Grafik: Investitionen Wärme- und Kälteversorger

Herausforderungen und Lösungsansätze

Trotz der Vorteile gibt es Herausforderungen bei der Umsetzung von Abwärmerückgewinnungssystemen. Hohe Investitionskosten, lange Planungs- und Genehmigungszeiten sowie technische Komplexitäten können Hemmnisse darstellen. Allerdings gibt es bereits erfolgreiche Beispiele, wie das Projekt in Hamburg, bei dem industrielle Abwärme in das Fernwärmenetz eingespeist wird.

Fakten zur Abwärmerückgewinnung
Kurz erklärt

Abwärmerückgewinnung nennt man die Nutzung von überschüssiger Wärme aus industriellen Prozessen zur Energiegewinnung.

1
Vorteile

reichen von Energieeinsparung über Kostensenkung und Reduktion von CO₂-Emissionen.

2
Technologien

z.B. Großwärmepumpen, Wärmetauscher, Fernwärmenetze

3
Beispielprojekt

In Hamburg wird die industrielle Abwärme des Kupferherstellers Aurubis in das über 860 Kilometer lange Stadtnetz eingespeist und versorgt seit Januar 2025 rund 20.000 Haushalte mit der klimaneutralen Fernwärme.[2]

SCHON GEWUSST?

Elektrische Wärmepumpen und Fernwärme sind bei Wohnungsneubauten die wichtigsten Heizkonzepte. Rund zwei Drittel der beantragten Wohnungsneubauten sind mit Wärmepumpen ausgestattet. 23 Prozent werden an die Wärmeinfrastruktur angebunden, lediglich fünf Prozent verfügen über eine Erdgas- oder Biomethanheizung. Der Anteil von Holz- und Holzpelletheizungen liegt bei knapp drei Prozent, der Anteil von Stromheizungen bei zwei Prozent. Mit Solarenergie werden gerade einmal 0,5 Prozent der neuen Wohnungen beheizt. Heizöl und Ölheizungen sind bei Neubauten praktisch verschwunden.

Fazit

Die Abwärmerückgewinnung bietet der Industrie eine effektive Möglichkeit, Energieeffizienz zu steigern, Kosten zu senken und einen Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten. Mit modernen Technologien und einer strategischen Planung können Unternehmen dieses Potenzial nutzen und gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.